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(Un)bewusste Diskriminierung vermeiden

Traditionelle Muster und Rollen (z.B. Geschlechterstereotype) in der Lehre reproduzieren sich auf verschiedenem Wege, auf bewusste und unbewusste Weise. Beispiele für Stereotype und Diskriminierung sind:

  • Diskriminierende Sprache und Auswahl von Bildern, anderen Lernmaterialien und Studieninhalten
  • Stereotyp vergebene Arbeitsaufträge
  • Unterschiedliche Anerkennung für gleiche Leistungen
  • Ungleich verteiltes Zutrauen und Unterstützung
  • Ungleich gegebene finanzielle und zeitliche Ressourcen, z.B. beim Zugang zur Promotion
  • Keine Möglichkeit der Kompensation von Härtefällen,  z.B. für Nicht-EU-Studierende in Bezug auf das Aufenthaltsrecht.
  • Seltenere Einbindung in Informationsnetzwerke
  • unterschiedlich gewichtete Empfehlung an potentielle Auftraggeber*innen
  • Intransparenz von mit wissenschaftlicher Karriere verbundenen Prozessen

Die Liste könnte noch fortgesetzt werden.

Dabei ist diese Ungleichbehandlung den Lehrenden selbst oft nicht bewusst: So zeigen schon Studien aus den 1980er Jahren, dass es bei Lehrenden, die gebeten wurden, ihre Aufmerksamkeit zwischen Mädchen und Jungen gleichmäßig zu verteilen, einen eklatanten Unterschied zwischen Selbstwahrnehmung (Mädchen werden bevorzugt) und objektiver Messung (Mädchen erhielten weiterhin weniger Aufmerksamkeit als Jungen) gibt.

Auch eine Studie aus den 2000ern (Münst 2005) kommt zu dem Ergebnis, dass Dozierende – ohne dies bewusst zu tun - in vergleichbaren Lehrsituationen

  • unterschiedlich auf weibliche und männliche Studierende reagierten,
  • für Studenten und Studentinnen unterschiedliche Rahmenbedingungen herstellten,
  • vereinbarte Vorgehensweisen geschlechtsabhängig modifizierten,
  • geschlechtsabhängig einseitige Vergleiche zogen oder auf Vergleiche verzichteten,
  • Studentinnen als Wissensreserve genutzt wurden, deren Leistungen jedoch nicht angemessen honorierten.

Es ist davon auszugehen, dass diese Befunde für die Kategorie Geschlecht auch auf andere Kategorien (wie Rassismus oder Abwertung beHinderter Personen) übertragen werden können. Die Reflexion der eigenen Lehrkommunikation kann helfen, unbewusste Ungleichbehandlung zu verlernen.


Literatur:

Czock, Heidrun, Dominik Donges, und Susanne Heinzelmann. 2012. Diskriminierungsfreie Hochschule - Mit Vielfalt Wissen schaffen. Endbericht zum Projekt. Hrsg. Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Berlin.

Frank, Karsta. 2011. [1992] Sprachgewalt: Die sprachliche Reproduktion der Geschlechterhierarchie, Elemente einer feministischen Linguistik im Kontext sozialwissenschaftlicher Frauenforschung. Berlin, Boston: De Gruyter

Münst, Agnes Senganata. 2005. Lehrstrukturen in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studienfächern und die Herstellung der Geschlechterhierarchie in Lehrprozessen. In Naturwissenschaft und Technik - (k)eine Männersache. Aktuelle Studien zur Förderung des weiblichen Nachwuchses in Naturwissenschaft und Technik, Hrsg. Diana Steinbrenner, Claudia Kajatin, und Eva-Maria Mertens, 103–112. Rostock: Koch.

Münst, Senganata. 2008. Hierarchie, Fachkompetenz und Geschlecht in Lehrveranstaltungen: Ergebnisse einer ethnographischen Teilnehmenden Beobachtung. In Perspektiven der Hochschulforschung, Hrsg. Karin Zimmermann, Marion Kamphans, und Sigrid Metz-Göckel, 179–196. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.