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... zur genderinklusiven Sprache

Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur „dritten Option“ 2017 ist das Bewusstsein für die reale Vielfalt von Geschlechtsidentitäten gewachsen. Geklagt hatte eine Person, die sich durch keinen der bisher rechtlich möglichen Personenstandseinträge („weiblich“ oder „männlich“) repräsentiert sah. Das Gericht stimmte der Klage zu und skizzierte entweder die vollständige Abschaffung des Geschlechtseintrags oder eine dritte Option des Geschlechtseintrags als verfassungsrechtlich zulässig. Diese müsse zwingend positiv sein, denn eine Leerstelle als Geschlechtseintrag (wie sie seit 2013 bei inter* Kindern bereits bis zum 18. Lebensjahr möglich ist) sei keine adäquate Lösung. Daraufhin wurde 2018 „divers“ als dritte Option des Personenstands für Menschen, die sich nicht weiblich oder männlich identifizieren, eingeführt. 

Dabei ist die Erkenntnis, dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt, natürlich viel älter: Menschen, die sich als nicht-binär, trans* oder inter* identifizieren, weisen schon lange auf ihre Marginalisierung und Diskriminierung – nicht nur auf sprachlicher Ebene – hin. 

Durch den neuen Personenstand „divers“ ist im Alltag deutlicher geworden, was gendertheoretisch unter dem Fachbegriff „Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit“ verhandelt wird. Wenn wir alle Menschen aufgrund ihres Vornamens oder Aussehens als weiblich oder männlich einteilen, dann sind wir damit an der alltäglichen Herstellung der zweigeschlechtlichen Norm beteiligt. Diese Geschlechtskategorisierung äußert sich beispielsweise in der Anrede mit „Herr“ oder „Frau“ sowie in der Verwendung der Personalpronomen „er“ oder „sie“. Die Verunsicherung, die durch die neue Option „divers“ entstanden ist, stellt  zugleich eine große Chance für einen respektvollen Umgang miteinander dar. Sie verdeutlicht nämlich, dass wir aufgrund des Namens oder Aussehens von Personen überhaupt nicht auf ihre Geschlechtsidentität schließen können. Wenn Sie also nicht wissen, wie Ihr Gegenüber angesprochen werden möchte oder eine Gruppe von Menschen ansprechen, sind neutrale oder inklusive Formulierungen am besten geeignet.